Die 'Rote Villa' (Perzheimstraße 36) zählt zu den auffälligsten Bauten im Thelottviertel. Das rechteckige Bauwerk mit Mansardendach von 1911/12 richtet seine 'Schauseite' mit zwei Erkern und einer 1913 angefügten, 1921 überdachten Veranda nach Westen zur Wertach. Die Gartenseite ist dagegen relativ schlicht, denn die Gärten im Thelottviertel dienten als Nutzgärten, die durch das Souterrain erreicht wurden.
Niemand würde heute vermuten, dass es in dieser 'lieblichen' Gartenvorstadt nach dem Vorbild der Darmstädter Mathildenhöhe einen Rüstungsbetrieb gegeben hat. Tatsächlich aber lebte in der 'Roten Villa' der Unternehmer Friedrich Hans, seine Gewehrpfropfenfabrik lag in Sichtweite an der Ravenspurgerstraße; auch dieses Gebäude ist erhalten. Gerade während des Ersten Weltkriegs hatte die Maschinenbauindustrie in der wichtigen Industriestadt Augsburg Hochkonjunktur. Die Wirkung der von Sebastian Buchegger und Heinrich Sturzenegger erbauten Villa als Solitär im ansonsten von Mehrparteien- und Reihenhäusern geprägten Thelottviertel war also sicher gewünscht als Ausdruck wirtschaftlichen Erfolgs.
Die 'Rote' Villa steht seit Jahren leer und soll bald abgebrochen werden. Dadurch verliert Augsburg wieder einmal ein Stück historischer Baukultur und sichtbare Stadtgeschichte.
Lit.: Werner Lutz, Reformarchitektur in Augsburg. Das Baubüro Sebastian Buchegger. Augsburg 1997, S. 158.
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