Europäische Stadtplätze können nach ihrer Lage im Stadtraum, ihrer Gestaltung – Platzfläche, Platzwand, Platzraum – sowie ihrer Nutzung, charakterisiert werden. Grundsätzlich ist zwischen Plätzen zu unterscheiden, die über Jahrhunderte gewachsen sind, wie in Augsburg der Rathausplatz und solchen, die auf einer heute noch nachvollziehbaren, grundlegenden Planung basieren, wie der Königsplatz. Die Grenzen zwischen „geplant“ und „gewachsen“ sind dabei fließend.
Für das Erleben von Plätzen spielen räumliches Sehen, Sichtfeld und Sichtwinkel, sowie Geräusche und Gerüche eine entscheidende Rolle. Die Orientierung erfolgt durch die Anordnung von Gebäuden und auf dem Platz stehenden Objekten sowie der Beschaffenheit des Untergrunds. Schatten spielen dabei eine wichtige Rolle.
In Europa bildete sich seit der Antike eine Stadtbautheorie heraus, die im 19. Jahrhundert wissenschaftlich fundiert wurde und unterschiedliche Disziplinen heranzog – die Architektur, die Kunstgeschichte, die Psychologie, die Soziologie u.a.. So konnten sowohl die Qualität bestehender Plätze analysiert werden, also auch Kriterien für die Neuanlage von Plätzen erstellt werden.
Urbane Plätze sollten gestalterisch definiert sein, d.h. durch möglichst geschlossene Platzwände oder andere Raumkanten wie z.B. Baumreihen oder durch eine Markierung des Platzraumes (z.B. durch einen Brunnen). Dem Ulrichsplatz in Augsburg z.B. „fehlt“ heute eine nördliche Platzwand, weshalb er als Teil der Maximilianstraße wahrgenommen wird und nicht als Platz; das Zentrum seiner Platzfläche bildet zudem eine Bushaltestelle.
Entscheidend ist zudem, ob die umgebenden Bauten sich zu einem Platz öffnen, z.B, durch Arkaden oder hervorgehobene Eingangsbereiche. Die Gestaltung wird weiterhin sehr stark von „kleinen Dingen“ im Stadtraum, d.h. Mülltonnen, Schildern, Bänken, Reklame usw. bestimmt. Auch der Boden mit seinen Strukturen ist entscheidend. Ist der Boden versiegelt oder offen? Gibt es vorgegebene Zonen, z.B. durch erhabene Bereiche, Treppen, Beete? Das Augsburger Rathaus und der Perlachturm sind z.B. durch die Straßenbahnschienen vom Platz abgeschnitten,
Eine ästhetisch ansprechende Gestaltung führt aber nicht immer dazu, dass ein Platz für viele unterschiedliche Personengruppen anziehend wird. Andere Faktoren sind hierfür mitentscheidend:
Wo liegt der Platz in einer Stadt? Ist der Platz gut erreichbar? Liegen die Fußweglinien frei oder sind sie zerschnitten bzw. verstellt? Gibt es Ruhezonen an sinnvoller Stelle (z.B. im Schatten, geschützt von Auto-, ÖPNV-, Rad-, oder Fußverkehr)? Gibt es Institutionen, die angesteuert werden müssen (z.B. Schulen, Ämter, ÖPNV-Haltestellen, Lebensmittelläden…) oder die gerneangesteuert werden (z.B. Kioske, Museen, Eisdielen…)? Sind die Geräusch- und die Geruchskulisse angenehm (z.B. durch Brunnenrauschen oder Blumenduft…). Welche temporären Nutzungen gibt es (Feste, Open-Air-Konzerte…)? Gibt es partizipative Gestaltungselemente (Spielplätze)? Schließlich: Ist der Boden versiegelt – was häufig Hitze und Lärm bedeutet.
Dominieren bestimmte Nutzungen an einem Platz – z.B. eine Schule, ein Krankenhaus, ein Theater usw. – wird er von bestimmte Personengruppen angesteuert werden; der Südteil des Königsplatzes z.B. muss als Verkehrsknoten von unterschiedlichen Personen frequentiert werden, die aber selten lange dort verweilen (möchten). Der Willy-Brandt-Platz dient vorwiegend als Durchgangsraum für Kaufwillige auf dem Weg in die City-Galerie. Die Frequenz sagt also nicht unbedingt etwas darüber aus, ob ein Platz „funktioniert“, d.h. ob sich Personen dort wohl fühlen.
Für viele Augsburger Plätze ist eine starke Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes zu konstatieren. Wo dies nicht möglich ist, sind Plätze auch in der Innenstadt verödet – wie z.B. der Obstmarkt oder Kesselmarkt – ihre historische Funktion fiel schon durch die Einrichtung des Stadtmarktes 1930 weg, sie sind nun v.a. von parkenden PKW besetzt. Die meisten Augsburger Plätze sind stark versiegelt, es gibt kaum Stadträume mit wassergebundener Decke wie etwa in Frankreich. Auch in Augsburg wurden aber Plätze wie der Kennedy-Platz, oder der Klinckertorplatz im 19. Jahrhundert als gepflegte Grünplätze angelegt. Das frühere Zusammenspiel von Bepflanzung, Stadtraum und umgebender Architektur ist durch die aktuelle Verkehrsführung, einen starken Bewuchs mit Büschen sowie einen Schilderwald oft nicht mehr nachvollziehbar. Ein Gegenbeispiel ist der Theodor-Heuss-Platz, der als Quartierplatz mit viel Grün und Wasserdüsen umgestaltet wurde und von der Anwohnerschaft gerne genutzt wird.
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