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Gregor Nagler

Denkmale in Augsburg



Der Begriff „Denkmal“ wird im Deutschen sowohl für Bauten als auch für Standbilder oder Brunnen im öffentlichen Raum verwendet. Durch ein Objekt – das „Mal“ – soll ein „Nach-Denken“ ausgelöst werden. Denn, so schreibt Jan Assmann: „Das Gedächtnis braucht Orte, es tendiert zur Verräumlichung.“


In der Antike sollten Denkmale – also Standbilder – Erinnerung („memoria“) an die dargestellte Person gewährleisten oder ihren Ruhm („fama“) herausstreichen. Laut Definition des römischen Architekturtheoretikers Vitruv gehören „Denkmale von verdienten Mitbürgern“ auf einen Stadtplatz, also in den öffentlichen Raum. Sie sind damit, über die inhaltlichen Kriterien hinaus, Gestaltungselemente.


Damit sind wichtige Aspekte der „Denkmalkultur“ in Europa abgesteckt, die auch in Augsburg nachvollziehbar sind: Es gibt sowohl Denkmale für Verstorbene, etwa auf Friedhöfen, in Kirchen oder Kreuzgängen, als auch Denkmale im öffentlichen Raum. Anders als in italienischen Städten, wo seit dem 15. Jahrhundert Reiterstandbilder von Herrschern auf die Plätze gestellt wurden, etwa die berühmte Statue von Bartolomeo Colleoni (1480-88) in Venedig, ließ sich in der Freien Reichsstadt Augsburg kein einziger Bürger als Standbild im öffentlichen Raum verewigen. Dies hätte kaum zum fein austarierten Gefüge einer Bürgerstadt gepasst. Verbreitet waren hier Epitaphien, also „Gedächtnis- oder Anheimstellungsbilder“ vor allem in Kirchen, die die Dargestellten unter den Schutz von Heiligen stellten.


Als würdig für ein Standbild im öffentlichen Raum galten zunächst Protagonisten aus der Bibel (Maria), Heilige als Schutzpatrone (Ulrich, Afra, Georg) oder Engel (Michael). Im 16. Jahrhundert kamen schließlich auch antike Herrscher, Gottheiten oder Heroen dazu; so setzte der Magistrat der Stadt den Augsburgern Augustus, Neptun, Merkur und Herkules vor die manchmal gerümpften Nasen. Denn das Dargestellte hatten oft auch eine verschlüsselte Bedeutung. Der siegreiche Herkules konnte z.B. als Sinnbild des Kaisertums gelesen werden, Merkur als Symbol des Handels, Michael als Patron der katholischen Kirche. Der Augsburger Chronist Georg Kölderer schimpfte über die „Wassergötzen“ am Augustusbrunnen. Einzelne Bürger ließen sich lediglich über Inschriften an den Brunnen verewigen, zum Beispiel Marcus Welser.


Denkmale zu errichten war auch ein Machtinstrument, vor allem in großen Residenzstädten wie Paris, London, oder auch Berlin und München. Diesen Städten galt im 19. Jahrhundert, als die meisten heute noch stehenden Denkmale aufgestellt wurden, schließlich die größte Aufmerksamkeit. Augsburg dagegen, das seit 1806 eine bayerische Provinzstadt war, wurde nur mit wenigen Denkmalen ausstaffiert. Viel häufiger sind hier Gedenkplatten an Häusern zu sehen. Ziel sowohl der Standbilder als auch der Gedenksteine war es nun, über das „gute Beispiel“ einen Bezug zum Königreich Bayern herzustellen: Nicht etwa Jakob Fugger dem Reichen wurde deshalb ein Denkmal gesetzt, sondern Johann (Hans) Jakob Fugger. Dieser brachte das Unternehmen der Fugger in große finanzielle Schwierigkeiten, da er Karl V. Geld geliehen hatte, das durch den spanischen Staatsbankrott nicht zurückgezahlt werden konnte. Warum aber war der Mann aber also denkmalwürdig? Er wurde 1565 wurde Kammerpräsident des Herzogs Albrecht V. von Bayern, dem er 1571 seine Bibliothek verkaufte – der Grundstock der Bayerischen Staatsbibliothek. Der Bildhauer Friedrich Brugger stellte Hans Jakob Fugger vor dem städtischen Maximilianmuseum denn auch als Förderer der Wissenschaft dar.


Daneben erinnerten manche Denkmale in Augsburg auch an Ereignisse, wie das 1876 enthüllte „Siegesdenkmal“ auf dem Fronhof von Kaspar von Zumbusch an den Deutsch-Französischen Krieg (1870/71).


Neben diesen dauerhaften Denkmalen gab es auch temporäre, etwa Schreine, Altäre usw. bei Prozessionen, später aber auch bei weltlichen, sogar militärischen (Gedenk)Feiern. Diese Tradition wurde in der NS-Zeit so sehr missbraucht, dass sie danach in Deutschland kaum fortgeführt wurde.


Als weitere Kategorie des Denkmals kam insbesondere in Deutschland nach 1945 noch das „Mahnmal“ hinzu. Der Erinnerung wert wurden nun nicht mehr nur ruhmreiche Kapitel der Geschichte eingestuft, sondern auch die dunklen. Erinnert wurde nicht mehr an Personen, die man für „Helden“ hielt, sondern an Opfer. Daraus spricht die Hoffnung, aus der Geschichte lernen zu können.


Auch Orte oder Gebäude können nach dieser Lesart Mahnmale, Denk- und Lernorte sein, wie in Augsburg die Halle 116, ein KZ-Außenlager. Diese Orte bedürfen jedoch immer einer Markierung z.B. durch Kunstwerke, Inschriften usw., um an ihre Geschichte zu erinnern.


Gregor Nagler

2020

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